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Der Fall DutrouxWas der Fall Dutroux auch in Deutschland anrichteteKlaus Bachmann, Frankfurter Algemeine, 5 -05-2004 „Wenn mein Patient ausrastet, komme ich ins Fernsehen" Was der Fall Dutroux auch in Deutschland anrichtete: Die Stigmatisierung harmloser Pädophiler. Warum die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit für Pädophilen dazu geführt hat, die Gefahr für Kinder noch zu vergrößern. Experten: „Die Mehrheit der Pädophilen ist weder gefährlich, noch aggressiv". Und der belgische Kindervergewaltiger Marc Dutroux ist nie pädophil gewesen. Der Fall Dutroux habe auch in Deutschland dazu geführt, dass die Öffentlichkeit Pädophilen mit Vergewaltigern und potentiellen Kindermördern gleichgesetzt habe, sagen Experten. Doch Dutroux ist nie pädophil gewesen. Die Hysterie, die sein Fall ausgelöst hat, hat dazu geführt, dass Pädophilen kaum behandelt werden können – wodurch die Gefahr für Kinder eher größer als kleiner wurde. Brüssel - Es sind meistens die Patienten mit den Erektionsproblemen. Sie sitzen geduldig und unauffällig im Wartezimmer, und wenn die Reihe an sie kommt, erzählen sie erst einmal davon, dass es beim letzten Bordellbesuch wieder nicht geklappt hat.
Ungefähr fünf Prozent seiner Patienten sind Pädophilen, Menschen, die sich sexuell von Kindern angezogen fühlen.
Bei Ahlers lernen sie dann, ihr Problem unter Kontrolle zu bekommen. Viele solcher Möglichkeiten gibt es in Deutschland nicht. Ahlers:
Herkömmliche Psychotherapeuten sind deshalb kaum für die Behandlung solcher Patienten ausgebildet und lehnen sie meist auch deshalb ab, weil sie das Risiko fürchten:
Doch die Assoziierung von Marc Dutroux, dem Mann, der zur Zeit in Belgien angeklagt ist, sechs Mädchen entführt, vergewaltigt und ermordet zu haben, mit Pädophilie ist ein gedanklicher Kurzschluss. Denn Marc Dutroux war nie pädophil. Basierend auf mehreren psychologischen und psychiatrischen Gutachten kamen die Ankläger im Prozess gegen Dutroux schon vor Jahren zu dem Schluß, dass der bärtige Wallone seine Sexualität keineswegs auf Minderjährige fixierte. Er war mehrfach verheiratet, betrieb mit seinen Ehefrauen gewöhnliche Sexualpraktiken und entschloß sich vor allem deshalb, Kinder zu entführen, weil das schneller ging, als junge Mädchen zu verführen und weil sie leichter zu manipulieren waren als Erwachsene. Nur vier seiner Opfer waren Kinder, alle anderen waren Mädchen an der Grenze zum Erwachsenenalter oder Erwachsene. Wäre Dutroux pädophil, könnte ihm das vor Gericht sogar als mildernder Umstand angerechnet werden – doch darauf hat sich der Mann nie berufen. „Mit sowas habe ich nichts zu tun", beharrte er schon zu Anfang des Prozesses.
In den Niederlanden, wo die Medien dem Fall Dutroux viel mehr Aufmerksamkeit widmeten als in Deutschland, wüßten die meisten Menschen, dass Dutroux nicht pädophil sei. Das Netz von Einrichtungen und Selbsthilfegruppen für Pädophile ist dort auch größer als in Deutschland.
Die Hysterie, angefacht durch das enorme Medieninteresse für alles, was mit dem Verschwinden und der Vergewaltigung von Kindern zu tun hat, hat sich, was die Behandlungsmöglichkeiten für Pädophile angeht, als vollkommen kontraproduktiv erwiesen.
Doch Pädophilen bleibe kaum anderes übrig, als zu verdrängen, Behandlungsmöglichkeiten gebe es kaum, die Behandlung selbst werde von den Krankenkassen nicht bezahlt und Selbsthilfegruppen seien schwer zu finden:
Doch je mehr verdrängt werde, desto größer die Gefahr, dass jemand ausraste.
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