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Zum Gedenken an Dr. Frits Bernard

Dr. Frans E.J. Gieles, in KOINOS # 51 (2006 #3)

Nach kurzer, aber offensichtlich schwerer Krankheit starb am 23. Mai 2006 in einem Rotterdamer Krankenhaus Dr. Frits Bernard. Es geschah sehr plötzlich und unerwartet, wenn man bedenkt, wie viel er noch unterwegs war und was er sonst noch alles machte.

Frits wurde in einer Zeit geboren, in der über Sexualität kaum gesprochen wurde, und schon gar nicht über Homosexualität, geschweige denn über die Jungenliebe. In seiner Studienzeit durfte ein Student ohne die persönliche Erlaubnis des Professors nichts über Homosexualität lesen. Frits hat seinen eigenen Weg finden müssen. Was es denn an Literatur gab, hat er zu lesen angefangen.

Er absolvierte ein Psychologiestudium an der Universität Amsterdam, mit den Spezialgebieten Psychopathologie und Kriminologie. Im Anschluss daran machte er als Praktikant die Lehre der Analyse. Er promovierte an der Katholischen Universität Nimwegen. Nach dem Zweiten Weltkrieg erschienen seine ersten Publikationen. Er hat in mehreren Ländern gearbeitet, darunter Pakistan und Spanien. Er sprach fließend mehrere Sprachen und veröffentlichte auch Beiträge in einer Vielzahl von Sprachen. 

Frits war kein weltabgewandter Gelehrter, sondern ein liebenswürdiger und kluger Mensch mit vielen Kontakten. Er war mit dem verstorbenen Dr. Edward Brongersma befreundet. Sie gründeten eine kleine Untergruppe der Homosexuellenorganisation COC in Den Haag, und beide schrieben für die damalige COC-Zeitschrift Vriendschap (Freundschaft). Das geschah unter den Namen Victor Servatius und O. Brunoz, bis sich die Organisation von ihnen und ihren Beiträgen zu distanzieren begann.

Nicht so die Niederländische Vereinigung für Sexuelle Reform (NVSH). Auf Anregung von Frits wurde innerhalb der NVSH eine Arbeitsgruppe gebildet, die 1973 einen offiziellen Status bekam und 1974 einen großen Kongress in Breda veranstaltete. Das war der Anfang einer viel größeren Emanzipationsbewegung innerhalb – und später auch außerhalb – der NVSH. Frits ist gewissermaßen deren Großvater. Er blieb noch viele Jahre lang tätig und war auch stark beteiligt an der Arbeit der Arbeitsgemeinschaft Humane Sexualität in Deutschland, die ihn bestimmt vermissen wird. Er war weltweit bekannt und trat in mehreren Ländern bei Kongressen und im Fernsehen auf.

Frits war ein Vorkämpfer. Immer hat er gegen Vorurteile und Ignoranz ankämpfen müssen. Leicht waren für ihn weder seine Bildungsjahre noch die Jahre seiner großen Reise- und Arbeitslust oder die letzten Jahre seines Lebens. Selbstverständlich verfolgte er mit großem Interesse und großer Sorge die Nachrichten aus aller Welt.

Als in dem Nachlass des verstorbenen Dr. Edward Brongersma und in dessen Stiftung Material angetroffen wurde, das einst legal war, aber durch spätere Gesetzesänderungen für illegal erklärt worden war, kam eine ‘Antipädo-Kämpferin" auf den Gedanken, dass ‘folglich’ auch bei der Bernard-Stiftung solches Material vorhanden sein dürfte. Sie leitete diesen Gedanken an die Presse weiter, die ihn begierig aufgriff, und daraufhin hielt die Staatsanwaltschaft es für geboten, Ermittlungen anzustellen. Die zogen sich in die Länge und die ganze Zeit über hielt sich Frits im Hintergrund. Keines der anfangs so begierigen Medien hat am Ende berichtet, dass bei ihm nichts Illegales gefunden worden ist. Die Bernard-Stiftung, die seine nachgelassene Büchersammlung jetzt verwaltet, kann unbesorgt sein.

Ein gelehrter, tätiger, kluger und liebenswürdiger Mensch ist unerwartet von uns gegangen. Der Tote ist seinem Wunsch gemäß in aller Stille und im engsten Familienkreis eingeäschert worden. Uns wird er fehlen.

Für ein eindrucksvolles Schrifttumsverzeichnis von Frits Bernard siehe im Internet unter
< www.ipce.info/booksreborn/bernard/publications.htm >.

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