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Präventionsstrafrecht

oder

Vom Bürger und vom Hexenbrennen

Michael Griesemer, 2010

Teil 1 - Gedicht 
Teil 2 - Hexenprozesse gegen Kinder und sexuell Deviante im 16. und 17. Jahrhundert. Erläuterungen, Bemerkungen und Dokumentationen zur Moritat. Vom Bürger und vom Hexenbrennen 
Fußnoten [*]

[*] Die Fußnoten können gelesen worden neben Teil 1, ein Gedicht, aber auch als Teil 3 (oder 2), als speziellere Erläuterungen zu einzelnen Textpassagen.

Teil 1 - Gedicht

Es fordert das Gebot der Stunde
von neuer Rechtserkenntnis Kunde
wonach, für jetzigen Gewin
ein Teil des Rechtstaats muss dahin

Das Halali der Gazetten
lässt nicht zu, dass wir ihn retten:
Der Bürger fordert Sicherheit und Blut
zum Schutz von Leben, Kind und Gut

Drum schaffen wir die Rechtsgrundlage
dass es unsrem Volk behage !
Viele Hexlein werden fallen mit dem jetzt geschaffnen Recht
und dem Volk gefällt´s nicht schlecht !

Aus: Griesemer (2009), Präventionsstrafrecht oder Vom Bürger und vom Hexenbrennen

Vorbemerkung

Hinzuweisen ist zunächst darauf, dass die in meiner Moritat dargestellten Fälle der juristischen Verurteilung von Kindern zur Hinrichtung keineswegs eine Fantasie des Autors sind (wie erste Rückmeldungen vorauszusetzen schienen): Es sind historische, so stattgefundene Fälle.

Aus Stadtarchiven dokumentiert sind sie in der wissenschaftlichen Arbeit von Professor Hartmut Weber vom Lehrstuhl für evangelische Theologie Heidelberg 1991, Kinderhexenprozesse, erschienen im Insel-Verlag Frankfurt am Main.

Wesentliche Quellentexte, die der staatskritischen Moritat „vom Bürger und vom Hexenbrennen“ zugrunde liegen, sind u.a. auch Sack, F. (2004). Wie die Kriminalpolitik dem Staat aushilft. [Governing through crime] als neue politische Strategie. 8e Beiheft zum Kriminologischen Journal, Weinheim (Juventa), S. 30-50.

Dabei ist es, neben den staatskritischen Allegorisierungen einer verfassungsrechtlich diskutierten Fehlentwicklung des Rechtstaats, ein Anliegen dieses Texts, den bis dato kaum bekannten Sachverhalt von Hexereiprozessen gegen Kinder - vielleicht erstmals - ins Bewusstsein einer größeren Öffentlichkeit zu bringen. Dies gelingt sehr viel besser in einer einprägsamen Form (hier: einer wenn auch traurigen Moritat).

Den betroffenen Mädchen und Jungen ist - außer in kaum gelesenen wissenschaftlichen Arbeiten - nicht nur noch immer kein Mahnmal gesetzt: Vielmehr sind sowohl das Faktum selbst wie auch der Umfang der Ermordung von Kindern im 16. und 17. Jahrhundert durch einen Wahn unseres Bürgertums mit seiner Justiz in ihrem so ganz eigenen Schrecken von der Nachwelt offenbar schon früh verdrängt worden: Gewissermaßen kaum, dass die Asche gerade kalt geworden war.

Frevel gegen Kinder obliegen einer ganz besonderen Verdrängung - gerade bei denen, von denen sie jeweils begangen werden.

(Ob man nun jene meint, die sie schützen wollen - oder jene, vor denen sie geschützt werden sollen).

Dies hat mit einem Paradoxon zu tun: Mit ihrer Bemächtigung durch die Liebe von uns Erwachsenen. Die selbst noch den physischen Mord an ihnen als notwendige Befreiung der kindlichen Seele begreifen kann.

Präventionsstrafrecht
oder
Vom Bürger und vom Hexenbrenne

Der schlimmste Mörder seiner Rasse
ist nichts zum Bürger in der Masse.
Und auch des Geisteskranken Schrecken
kann nichts vergleichbares je wecken
als die Normalen bei den Vielen
an Strömen Bluts den Bordstein füllen.

Vom Hexen- bis zum Judenbrand
war´s stets die Pest in meinem Land.
Es graust mich weniger vor Mördern
als vor dem Mob bei einer Wahl.
Es graust mich weniger ein Morden
als vor dem Biedermann in Zahl:

Wenn man ihn, vermasst mit andern,
brav lächeln zu der Urn´ sieht wandern,
gegen „Abschaum“, Fremde, „Schwule“ bündelnd,
mit seiner tumben Weltsicht zündelnd:

Kurz, am Schicksal jedes andern,
dem er selbst nicht angehört
wobei ihm stets die Hauptsach´ ist,
dass keiner seine Ordnung stört.

Von „Schwanz ab“ gegen „Kinderschänder“
bis „Jagt sie fort, die Drecksausländer“,
„Kopftuch ab, sprecht unsre Sprache !“,
„Tunten“ bringen ihn in Rage,
„Wir sind arm und die sind reich,
- Kopf ab oder macht uns gleich !“

Der Denunziant wird bald zum Helden
für die Sicherheit im Land,
als Sozialgerechtigkeit muss gelten
was früher „Futterneid“ genannt,
„Alle Staatsgewalt geht aus vom Bürger“
heißt es da im Grundgesetz:

Selbst Justiz hat Angst vorm Würger
Volk, das vor Gericht die Messer wetzt.

Wehe dann, Justiz spricht frei:
Der Rechtstaat wird dann einerlei.
Der Rechtstaat überstimmt vom Volk
hat nicht zum ersten Mal Erfolg:

Denn die Volkstribunen sind gefügig
ihrem Mob, und zügig
nehmen sie hinfort
die Bedrohung aller Ort:

Es reicht der Ruf „Wir sind bedroht !“
„Wir Familien sind in Not !“
„Wir fürchten sehr um unsre Kinder !“
„Jagt uns den und jenen Sünder !“

So eilt ganz zweifelsfrei herbei
Herr Müller von der X-Partei:

„Nun, so erklär´n wir zum Verbrechen
was Euch liebe Bürger stört
und die Politik wird rächen
was Euch Wahlvolk so empört!

Wo dazu Gesetze fehlen
machen neue wir sofort,
selbst wo Gefahr nur sehr abstrakt ist
schreiben wir „Verbrechen“ dort.

Da Gefahr ja „hätt´ sein können“
sperr´n wir vorsichtshalber ein,
wo noch kein Schaden angerichtet
wird dann prophylaktisch hingerichtet.
Als Paragraph fällt schon was ein.
Selbst, wenn euch jemand bloß missliebig
werden wir für Euch umtriebig.

Wir strafen Taten in Gedanken,
die Welt vom Unheil zu entschlanken,
ohne dass sie je begonnen,
mehr noch: Ehe sie  e r s o n n e n.
Dazu hamm´wer Psychologen
präventiv zurechtgebogen.

Der öffentlichen Sicherheit
steht  v o r s o r g l i c h  Schafott bereit.
Früher bestraften wir für Taten,
heute für die Prävention
brauchen weder Schuld noch Schaden.
Der Rechtstaat ? – Nun, wer wählt den schon ?

Ganz, wie anno 1612 die Professoren (*1)
es ratsam fanden angesichts der teuflischen Gefahr:
Auch ohne Schadensnachweis soll beim Leibe schmoren
wem Bürger´s Angst den Ruch der Hexerei gebar:
„Delictum exzeptum“, so hieß der Einfall,
„Ausnahmverbrechen“ – und fand Beifall.

Präzis dies Wort und seine Leitung
liest man seit ´90 wieder in der Zeitung.
Wie damals auch, so will man finden:
Ein Ausnahmschrecken muss ein Ausnahmrecht begründen.
Als sei nicht schon beim Scheiterhaufen
das Wort darauf hinausgelaufen:

Die Hexlein  v o r s i c h t s h a l b e r  zu verbrennen:
„Warum Beweis für Schaden nennen ?
Im Allgemeinen ist´s zu glauben,
drum soll uns dies den Schlaf nicht rauben:
Es reicht im Sinn der Prävention
dazu die Unterstellung schon.

Selbst, ist der Schad sehr unwahrscheinlich
so gilt hier Sicherheit vor Recht: Nicht kleinlich
sei´s aus Allgemeinem hingebogen,
und auf den Fall dann schlussgezogen.

Was sollen auch Verhältnisfragen ?
„Für mindren Schaden gleich das Beil am Kragen ?“
„Ob Schadenfurcht nichts andres ist als Wahn zuweilen ?“
Dem Sicherheitsgedank ist zuzuteilen:
Dass man´s nicht wissen kann noch muss
all diesen Rechtspedanten zum Verdruss.

Denn groß ist die Gefahr, der Schrecken mächtig
Säumen daher niederträchtig!
So gebietet es die Sache
dass man´s rechtlich kürzer mache.

Es fordert das Gebot der Stunde
von neuer Rechtserkenntnis Kunde
wonach, für jetzigen Gewinn,
ein Teil des Rechtstaats muss dahin.
Das Halali der Gazetten (*2)
lässt nicht zu, dass wir ihn retten:

Der Bürger fordert Sicherheit und Blut
zum Schutz von Leben, Kind und Gut.
Drum sind wir ganz problembewusst!
Auch Recht zu bessern treibt uns Lust:

Wir zeigen uns also flexibel
und räumen aus – von Haus penibel –
den Passus, der die Maßnahm´ hindert
und die extremste Strafe mindert.
Denn die Eile, die tut Not:
Macht die Hexe endlich tot.

Wo´s ohne Recht nicht gehen kann
da passt man´s halt dem Kasus an! (*3)
Um das Hexlein ist´s nicht schade,
bedenkt, Ihr Herrn, doch welche Gnade
grad in Gestalt des Galgens waltet!

Sei´s für die so befreite Seele,
sei´s für das Volk, das sich so quälte !
Eil tut Not,
nu macht ´se tot !

Schaffen wir die Rechtsgrundlage
dass es unserm Volk behage
und es uns als Helden feiert,
die das Recht zurechtgeeiert
Volkesstimme zu Gefallen !
Viele Hexlein werden fallen
mit dem jetzt geschaffnen Recht
und dem Volk gefällt´s nicht schlecht !“

Wehe dem, der sich da weigert !
Des Volkes Wahn wagt, zu entgegnen!
Wer Zweifel nährt, der steigert
´s Übel statt ihm zu begegnen!

Ist seiner selber gar teilhaftig,
drum trennt das Untere vom Kopf.
Es macht ihn selber ja verdächtig,
drum steckt ihn in den selben Topf!
Denn eben das ist Prävention:
Zu handeln vor den Folgen schon.

Auch sind sie bloß eventuell
so muss man reagieren schnell.
Versehentlich geht einer tot
- Na und? S `gehen hundert auf ein Lot
wo Prävention die Richt´gen traf:
Von hundert zehn sind schwarze Schaf!

Im Recht entscheidet Mehrheitsmeinung
dass schnell geht die Gefahrenmeidung;
Wer kann uns Bürgern widersprechen
wo wir all selber Meinung sind?
Ein solcher Ketzer ist zu brechen,
fort unter´s Rad mit ihm geschwind.

Als Irrsinn kann – ganz logisch! – gelten
dass er´s als einz´ger unter Zwölfen tut.
Erklärt ihn wirr, und dann ist´s gut!

Denn Zweifel an der Hexerei
sind die schlimmste Ketzerei.
Lest´s nach im Buche der Gelehrten,
wenn´s jemand wissen muss, dann sie!
Diese so vom Volk Geehrten
irren sich in Schriften nie.

Und seht: An allen Universitäten
wird jetzt die Hexerei gelehrt
und aller Welt Autoritäten
haben sich dazu bekehrt: (*4)

Nach Befund des Dr. Luther (*5)
wie dem Rechtsprofessor Utter,
von Augustinus, Francis Bacon,
Isidor und Roger Staton,
bis zu unserm Herrn Aquin
- alle sagten einig hin:

„Die Zauberer sollt ihr nicht leben lassen“.
Lüg drum ist´s, frech andres zu verfassen !
Irrglaub sei es allemal,
dass Dämonen es nicht gebe.
Ihr erkennt sie an dem Mal,
das ich zur Aufklärung erhebe:

Manche haben rote Haare,
sind recht unbelehrbar über Jahre,
mit Muttermalen, die man sticht
ohne dass sie Blut erzeugen
sind sie auffällig erpicht
Jesu Christi Wort zu beugen.

Bei den Kindlein habet Acht
dass sie schlafen in der Nacht:
Sind sie morgens seltsam bleich
und die Hände wirken weich
machten sie das schlimme Laster
des Heidenpriesters Zoroaster
das zu Idiotie und Schwindsucht führt
seit sie ein Dämon berührt.

Manche Kinder sind des Nachts
zum Sabbat ausgeritten
auf einem Besen, einer Katz
zu bösen Meistern unbestritten,
die sie das Mäusemachen lehren (*6)
und zu Teufelswerk bekehren,
wie Beischlaf mit Dämonen, Männern oder Frauen: Unschuld in des Teufels Klauen!

In der Mitte sitzt er meist,
mit Augen ihren Leib verspeist.
Er schleckt sie ab mit geilem Kuss,
die Kleinen zu betören.
Mit seinem harten Pferdefuß
lässt er sein Werk nie stören.

So groß ist die verharmloste Gefahr
dass 120 Leut verbrannt sind dieses Jahr
allein zu Würzburg, 200 in Trier.
Das Übel ist so schlimm allhier
dass Weiber ebenso besessen sind als Männer,
Sie blökten auf dem Feuerhauf so viehisch wie die Lämmer.

Mägdlein um das 7. Jahr nicht seltener als Knaben
sind zu Strick und Brand geführt, die Knöchlein stahlen Raben.

Lasst nicht mich über Alte sprechen
deren Bosheit uns gewohnt.
Lasst vielmehr ein Tabu uns brechen
wo überall das Böse wohnt.

Denn wohl vermute ich zu Recht
dass unser Augenmerk den Kleinsten
gelten muss, den Schwächsten und den Reinsten,
bevor Verdrängung sich an ihnen rächt:
Geschicktest tarnt das Bös sich lieblich
und anzuschau´n als Kind gar niedlich!

Auch dies Belang der Prävention:
Bevor´s beginnt, da tilg man´s schon.
Lasst Euch nicht rühren von Bestreitung
durch Kinderstimmchen voll Missleitung:

Der Dämon lässt sie selbst nicht spüren
wie er in ihrem Innern wühlt,
Er ist ein Meister im Verführen:
Das Kind oft Liebe zu ihm fühlt,
als sei´s sein Engel und nicht sein Verderber.
In diesen Fällen sei Befragung ärger
als seiner Zartheit angemessen scheint,
sonst rettet es den Übeltäter,
find nimmer Ruhe dann noch später:
Drum kümmre ´s nicht, wie sehr es weint.

Je enger es mit ihm verschworen,
so ärger ist es selbst schon krank.
Dann sei hier nicht viel Zeit verloren:
Streckt es an seiner Statt zur Bank.

Doch zuvor erprobt ein Mittel,
eine Wahrheitstherapie: (*7)
Holt Exorzisten mit dem Titel,
die versteh´n sich auf das Wie:

Ein Seelchen seiner Wirrnis zu entwinden
bevor dies Werk, die Seele zu befreien
erfordert, erst den Körper wegzuschinden,
was jeden von uns sicher täte reuen.
Obgleich: Von ird´scher Last befreit sodann,
die Seel´ zum Himmel fliegen kann!

Eh´s nicht den Satan Satan nennt
und leidend seine Schwäch bekennt
dürft ihr selbst davor auch nicht zaudern,
auch sollt dies manchem von Euch schaudern.

Nehmt´s beim Kind niemals zum Beweise,
wenn´s frech stattdessen wird und klagt
und Euch dabei, recht naseweise,
auch kluge Argumente sagt;
Denn es gibt solche unter Kindern
wo Tück´ dem Alter geht voran.

Im Übrigen wird´s auch nicht hindern
was allgemein man sagen kann:
Stets ist das Ferkel mißgestimmt
dass man es zu den Schweinen nimmt.
So ist´s schon bei den Kleinen,
dass man die Art verkennt, von der sie sind:
Nicht selten eben der von Schweinen.

Denn: „malitia supplet aetatem“
Die Bosheit zeigt das wahre Alter.
Auch wenn uns Frommen stockt der Atem:
So rechnet´s aus der Doktor Schaltner.

Ich weiß, des Pädagogen Einsicht schmerzt
doch hieße es, das Übel herzen
wenn wir nicht mutig und beherzt
die Larv´ durchschaun, es auszumerzen.

Zwanzig Kindlein wurden jüngst vom Rat verbrannt in Tübing
auf das Gutachten vom Herrn Professor Gallschwing (*8).

Und von der juristischen Fakultät
ob sie dem Rat zur Gnade raten tät
ward einem Büblein von 8 Jahren (*9) gnadenweis gestattet
dass man ihm die Straf in einem warmen Bad verstattet
wo man ihm die zarten Äderlein
öffne mit einem kleinen Messerlein
auf dass er sanft verblute
ob seinem Übermute.
Und Fried im Dorf kehrt wieder ein
kaum dass sein Seelchen durfte heim.

Ein Letztes nenn´ ich Euch am Schluss
weil noch bewiesen werden muss:
Das Bös bei Alten und bei Jungen
- es ist mit'n'ander eng verschlungen.
Das Folgend´ gibt die Forschung kund
- doch Abscheu hält´s zurück im Mund:

Mannsbilder, welche sich mit Männern paaren!
Ihnen ist der böse Geist,
wie ihrem Beihocker zumeist,
besonders ekel ins Gemüt gefahren.
Jagt, ergreift sie, wo sie sind
und steckt sie auf die Pfähl geschwind.

Das rät der Dr. Immelovsky
mit dem Benedikt Carpzowski (*10)
von der Prager Fakultät
bevor es für die Welt zu spät.
Sie haben diese Brut studiert
und einwandfrei examiniert:

Die Wühlmäus locken sie auf Äcker,
die sodomitischen Verrecker!
`S ist in Zahlen jetzt bewiesen:
Wo sie sind, tut Unkraut sprießen,
wo dies nicht, so drohen Beben
wo das nicht, da faulen Reben,

in anderen Fällen stirbt das Vieh,
bald ein Nachbar siech dahie,
ohne dass ein Grund ersichtlich.
Daraus folgerten sie richtig:

Diese sind es, die´s bewirken !
Denn sie leben in Bezirken
wo oft dergleich verzeichnet ist.
Fruchtbar Land wird somit Wüst´.
Fruchtlos ist ihr ekles Treiben
ohne je sich zu beweiben.

Ebenso, zur eignen Freude,
zerstören´s wohl dann die Frucht der Leute!
Oder: Es ist Gottes Rache
dass er die Menschen fruchtlos mache
wo sie dies fruchtlos Treiben dulden
statt Nachwuchs dem Geschlecht zu schulden,
wo doch sein Wort geschrieben steht:
Vermehrt Euch, wo ihr steht und geht.

Drum spießt in Zukunft ihrer mehr
für den unsäglichen Verkehr!
Ins Rectum und pars anum mit den Spitzen
auf dass sie künftig rechtens sitzen
wo Pfähl im Hintern sie gewöhnt
und jauchzend unsern Herrn verhöhnt!

`S gibt Ding, die früh schon von Natur
sind wider aller Welt Kultur.
Auch hier beginnt die Sucht schon früh,
zur rechten Zeit nur lohnt die Müh
wie Mose drei schon hat gelehrt (*11)
bevor die Welt sich ganz verkehrt:

Den Knaben mit dem Manne zu erschlagen
bevor´s noch andern tut behagen.
So hilft es auch der Evolution
reißt früh man aus die Anlag schon
die abweicht von der Viecher Ordnung
als hätt´ der Mensch andre Verortung.

Ein Sodomit von 13 Jahren (*12)
wollt sich mit einem Jüngern paaren
und tat grad gestern brennend sterben. (…)“.

So rettet Volk das Edle vorm Verderben.

Epilog

Nachdem im knappen letzten Satz
die erste Strophe ward bewiesen
sei dem an Knittelreimen reichen Schatz
noch einmal Referenz erwiesen.

Ein Nachtrag scheint nämlich am Platz:
Denn bei jeder dargestellten Hatz
in meinem Text, die wir beklagen
ist recht einfach auszusagen:
S´war stets im Geist der Prävention.
Wir hatten das geschichtlich schon.

Man hätt´ die Künste nicht gehabt,
den Schein vom Sein zu trennen,
gäb´s die bemühte Forschung nicht,
Erkenntnisse zu nennen,
die ich bis hierhin Euch berichtet
wo immer jemand hingerichtet:

Die Maßnahm trefflich zu begründen
an diesem, jenem Menschenschlag
den unterm Volk halt niemand mag.
Es liefert jeder Hysterie
die Wissenschaft die Theorie.

Denn selbst die höchsten Professörchen
sind nun mal eines Bürgers Söhnchen,
sind zudem Diener unsres Staats:
Beamte dieses Apparats,
den zu gewissen Zeiten
recht monströse Dinge leiten.

So hat, trotz „freier“ Wissenschaft,
ihr Anspruch es noch nie geschafft
anstell des Wahns und dem Entsetzen
je Ratio und Verstand zu setzen,
das unter Bürgern stets entsteht
sobald es gegen Hexen geht,
und dann der Staat exekutiert,
was Bürgers Masse ihm diktiert.

Erwähnenswert scheint mir vor all
der Pädagogen Beiträg zu dem Fall
den ich als schlimmsten ausgeführt:
Wo Kinder unser Herz berührt.

Zumal bis heut sie nichts draus lernten
aus der Geschichte, der entfernten:
Aus Lieb und Sorge um die Reinheit
die sie beruflich oft beseelt
erforschen sie die fremd Gemeinheit,
die Kinder so oft schutzlos quält.

Bemüht, die Unschuld zu bewahren,
im Wettstreit mit des Körpers Last
gab´s bald Methoden, wie erfahren,
wo die Gewalt zum Anspruch passt.

Doch nicht nur sie sei´n honoriert,
nein, auch manch andrer, der studiert
um all sein Können drauf zu zielen,
der Hexerei von all zu vielen
mit Recht und Kniffen beizukommen
die einem Satan täten frommen:

All der doctores jurae Schriften
taten viel Erkenntnis stiften;
Den Fachleut in moralia,
den Herrn der theologica.
den Professoren von den Säften
mit ihren Medizingeschäften,
wonach die kindlich Onanie
erwiesen führt zur Idiotie,
nebst vielen andren solchen Schoten
die sie als Wissen feilgeboten.

Auch den Experten von der Seele,
dass den Mensch sein Geist nicht quäle,
nebst andern Multidisziplinen
die hellsichtig dem Fortschritt dienen:
An sie sei der Welt Dank gerichtet
was sie zu allem beigepflichtet
bei jeder Menschenschinderei
durch Staatsgeheiß und Bürgerei.

So danken wir der Wissenschaft
was sie dank der Methoden Kraft
bereits zur Hexenzeit enthüllet
an Unfug und an Irrsinn letztlich
so unfasslich, dumm, entsetzlich,
auf dass damit der Staat erfüllet
was Prävention und Schutz erhaischen,
dass heut im Turm die Hexen kreischen:

Inflationär heut sichrungsweis´ verwahrt
- von andren Dingen nicht zu sprechen
wo wir mit Rechtstaatsnormen brechen.
Es sei die Frag drum nicht erspart:

Ob „Wegsperren für immer“ als Primitivimpuls von Hass und Rache
sich in der Larv des „Präventionsstrafrechts“ zur Sache
nicht seinen Weg erschlichen hat im Recht
sodass er nun, mehr schlecht als recht
mehr primitiv als noch gerecht
legale Weis gefunden hat
im sonst kulturbewussten Staat,
sich nun im Rechte auszutoben.

In diesem Fall darf man zurecht
so findige Juristen loben.
Zum ersten Mal gäb es sie nicht
wovon dies Liedlein gab Bericht.

Fußnoten

Diese können gelesen worden neben Teil 1, ein Gedicht, aber auch als Teil 3 (oder 2), als speziellere Erläuterungen zu einzelnen Textpassagen. Gehen Sie zum (*1) und gehen Sie weiter. 

Teil 2 

Hexenprozesse gegen Kinder und sexuell Deviante im 16. und 17. Jahrhundert

Erläuterungen, Bemerkungen und Dokumentationen zur Moritat
Vom Bürger und vom Hexenbrennen

Im Frühjahr 2006 beklagte der seinerzeitige Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Professor Winfried Hassemer, bei der Eröffnung des Deutschen Juristentages in der Frankfurter Paulskirche die populistische Umwandlung des klassischen Schuldstrafrechts in das sog. Präventionsstrafrecht durch den politischen Gesetzgeber seit einigen Jahren. 

Im Gegensatz zum Schuldstrafrecht kenne das Präventionsstrafrecht - als reines Gefahrenabwehrrecht - keine rechtstaatliche Bindung. Im Gegensatz zum Schuldstrafrecht mit seinen rechtstaatlichen Vorkehrungen sei das Präventionsstrafrecht „prinzipiell schrankenlos“.

Als zentrale zeitgeschichtliche Ursachen für die Umwandlung des klassischen Schuldstrafrechts gilt der medienagile, ab Beginn der 1990er Jahre ausgerufene regierungspolitische „Kampf gegen Kindesmissbrauch“ (später: „Pädophilie“) in den Neunzigern, und dann, nach den Anschlägen des 11. September auf das World Trade Center in New York, ab 2001 der „Kampf gegen den internationalen Terrorismus“.

Dabei sind wir geneigt, von einer modernen Rechtsentwicklung angesichts von Bedrohungen „in nie gekanntem Ausmaß“ zu sprechen – gewissermaßen als moderne Rechtsinnovation. 

Dies ist jedoch keineswegs der Fall: Die in meinem Text aufgeführte rechtshistorische Entwicklung Ende 16./Anfang 17. Jahrhundert in Richtung eines „Präventionsstrafrechts“ soll daran erinnern. 

Die entsprechenden Informationen und Fallbeispiele entstammen u.a. einer Analyse des theologischen Lehrstuhls Heidelberg von Herrn Professor Hartwig Weber

(Kinderhexereiprozesse. Frankfurt am Main,. Leipzig, 1991).

Ich wollte mit meiner Moritat darauf aufmerksam machen, dass wir es mit dem „modernen Präventionsstrafrecht“ in Wirklichkeit mit einem alten Hut - zumal mit rechtshistorisch den fürchterlichsten Auswirkungen - zu tun haben. 

Allerdings war mir bei den damaligen Ausführungen des Bundesverfassungsrichters Hassemer der Zusammenhang zwischen dem Präventionsstrafrecht und einem Rückfall in Zeiten vorrechtstaatlicher Barbarei damals noch nicht so recht klar, auf den er dabei kurz hingewiesen hatte. 

Erst als mir neben meiner beruflichen Befassung mit dem Thema „sexuellem Kindesmissbrauch / Pädophilie“ Professor Hartwigs Analyse sogenannter Kinderhexereiprozesse vom theologischen Lehrstuhl Heidelberg in die Hände gekommen war, und ich darin auf den frappierenden Sachverhalt gestoßen bin, dass bereits damals juristisch der Begriff vom „Ausnahmeverbrechen“ erfunden wurde, um Menschen ohne Schadensnachweis - „präventiv“ - auf die Scheiterhäufen juristifizieren zu können, hatte ich den Zusammenhang gefunden. 

Da nun die Begründung des Zusammenhangs zwischen den damaligen „Ausnahmeverbrechen“ und dem, was in der Verfolgung von „Pädophilie“ (meinem derzeitigen Arbeitsgebiet) heute mit dem Terminus begründet wird, eine haarige, wenn nicht sogar selbstmörderische Angelegenheit ist, wird dieses Thema im Gedicht selbst nur verschlüsselt angerissen. 

(Lediglich in einer ausführlicheren Fassung der „Erläuterungen und Dokumentation“ – derzeit in der Endbearbeitung - werden die begründenden Parallelen punktuell und systematisch aufgezeigt, wie sie sich aus den Details der Rechtshistorie ergeben).

Um dabei Missverständnissen sogleich vorzubeugen: Die Verbindung, die sich für mich zwischen rechtlichen Fehlentwicklungen und den Brennthemen „sexueller Kindesmissbrauch“ / „Pädophilie“ inzwischen ergibt, geht weder auf eine „anti“- noch auf „pro“-pädophile Gesinnung zurück 

(diese Begrifflichkeiten verweisen bereits auf die tonangebende Ideologizität der zeitgenössischen Diskussion, der ich mich als wissenschaftlich denkender Mensch entziehe). 

Keineswegs vertrete ich auch „verharmloserisches Täterdenken“ betreffs sexuellem Kindesmissbrauch.

Vielmehr ist es so, dass ich im Gegensatz zu den meisten Argumentatoren derzeit beide Seiten im Extrem der Fälle in Rechnung stelle. 

Den schlimmsten und redewörtlichsten Missbrauch, an dem Kinder innerlich geradezu ersticken – wie auf der anderen Seite Fälle, wo 

(und zwar aus Kindermund wie auch aus Berichten späterer Erwachsener) 

manchmal das blanke Gegenteil berichtet wird als das, was der Umgangssprachgebrauch mangels anderer Informationen derzeit darunter versteht. 

Die eine Seite lasse ich ebenso unverfälscht und ungeschmälert stehen wie die andere. Es ist eine für den Rechtstaat gefährliche Rechtsentwicklung, was mich so nachhaltig an das Thema bindet. 

So völlig ohne Bezug zu meiner eigenen Person ist dies nun freilich nicht: Seit ich – Ende der 1980er Achtziger erstmals mit dem Thema befasst – begann, kritische Fragen zu propagierten „Selbstverständlichkeiten“ des Bereichs zu stellen, und mich dadurch bereits unversehens als Betroffener von scheelen Blicken und Ehrabschneidungen wiederfand, statt dass man mir Antworten auf meine Fragen gab

Dabei fiel mir als Erklärung für dieses Verhalten immer mehr ein unlogisches, im Kern hasserfülltes (statt rationales) und auch diffamatorisches Gepräge der öffentlichen Diskussion über „sexuellen Kindesmissbrauch“ auf. Insbesondere richtet sich ein ins Irrationale reichender archaische Hass gegen „Pädophilie“. 

Seitdem glaube ich in mehreren Schriften den Nachweis geführt zu haben, dass es sich im Wesentlichen 

– und zwar unabhängig von den Für und Wider in den Kontroversen zum Thema – 

um eine irrationale Massenhysterie handelt 

(wie alle Hysterie natürlich mit einem realen Problemhintergrund als Anlass der Entgleisung). 

Es ist eine Hysterie mit kennzeichnenden wahnhaften Aspekten; und mit solche Hysterien gleichfalls kennzeichnenden archaischen Aggressionen, Verteufelungen und Entrechtlichungen von Menschen.

(Zum Nachvollzug dieser Dinge s. vor allem: „Analyse einer Hysterie. Medienkriminiologische Aspekte der Missbrauchsberichterstattung“; „Zur empirischen Wirklichkeit von Missbrauchssymptomen“. 
Zur Rechtssituation der betroffenen Außenseiter und zur Betroffenheit der Kinder durch Missbrauchshysterie und die betreffenden Strafprozesse s. dabei auch insbesondere die Arbeit „Integrative Ursachentheorie zur Entstehung der paedophilia erotica“. 
Diese Arbeiten sind öffentlich auf www.itp-arcados.net , Link „Die Arbeiten des Psychologen Griesemer“, zugänglich gemacht worden).

Tatsächlich vertrete ich nun eine - unter falschem Verständnis „pro“pädophile - Forderung: Die Pädophile erscheint mir tragisch genug, das Schädigungsrisiko von Kindern durch die Strafverfolgungsmaschinerie bei bestimmten Sachlagen eminent genug 

(gegenüber der Wahrscheinlichkeit eines Schadens durch das zu Verfolgende): 

Dass der Strafprozess - in bestimmten Fällen – meines Erachtens hier nichts zu suchen hat. 

Dies hatten auch schon Forensiker einer früheren Generation vertreten: Weil Strafverfolgung und Prozess nur unverhältnismäßige Schäden nach beiden Seiten anrichteten. Es gibt andere Möglichkeiten und Maßnahmen in unserer hochentwickelten sozialen Kultur. 

Hier fiel mir nun aber in der Rechtsentwicklung seit 1990 unter einem kennzeichnenden Mediengetöse auf, dass systematisch sämtliche Differenzierungen durch den politischen Gesetzgeber ausgehebelt wurden, die vordem noch gerade für eine solche Taxierung der Verhältnismäßigkeit den Gerichten und den Staatsanwaltschaften zur Verfügung gestanden hatten: Differenzierungen für Verfahrenseinstellungen zur Abwendung von unverhältnismäßigen Härten zumindest für die Kinder

Dabei gibt es nun auch keinen einzigen Bereich im Strafrecht 

(das für Dinge wie Mord, Raub, Bestechung, Diebstahl und Betrug zuständig ist), 

wo ausgerechnet ein falsches Verständnis von Liebe als Verbrechen gehandhabt wird, wenn man´s einmal literarisch ausgedrückt. 

Auch sachlich aber handelt es sich bei den Delikten Pädophiler, aller Polemik zum Trotz, oftmals um nichts anderes: Liebesempfindungen, die bei jedem von uns abgründig gepaart sind mit dem Sexuellen - wie wir´s Pädophilen ja gerade als ihre „spezifische Pathologie“ vorwerfen: 

Entsprechende Projektionen, 
einseitige Bindungsbedürfnisse und 
grenzverlustige Verhaltensweisen 

– die wir in der so stilisierten „Liebe“ alle bei uns selber kennen, sie dort aber als „menschlich“ betrachten. 

In ihrem Fall 

(ich spreche nur von der Sondergruppe der Pädophilen im Bereich der Sexualtäter an Kindern) 

wird gerade diese Psychologie der Liebe als abscheulichstes Verbrechen gegen Mitmenschen invertiert - schlimmer noch moralisch als Mord und Vergewaltigung. Letzteres kommt überdies einem Realitätsverlust gleich. 

Eine Paradoxie, die etwas von Verrücktheit hat. Kein Pädophiler, wie ihre Fälle lehren, schädigt etwa vorsätzlich ein Kind – gerade Kinder geschädigt zu haben, müssen sie ja auf manchmal pathologische Weise „abspalten“. Es verhält sich also nicht so, dass – wie meistens dargestellt – dies aus „Gewissenlosigkeit“ geschieht. 

Eine weitere Fiktion in diesem Zusammenhang ist das liebeheuchelnde Ungeheuer zur eigenen Sexualbefriedigung – dessen Pathologie darin bestünde, sexuelle Impulse für Liebe zu halten. Als spräche von uns „Normalen“ jemals einer von „Liebe“ zu einer Person, auf die er nicht - als Mann oder Frau – im sexuellen Kontext anspricht. 

„Liebe“ ist bei jedem von uns wundersamer Weise nur auf Menschen bezogen, wo wir – anatomisch passend – irgend etwas irgendwo lustvoll hineinstecken können. Bereits Augustinus hat diese menschliche Perversion des landläufigen Liebesbegriffes erkannt. Jeder von uns entwickelt im Sexuellen dabei auch einen Bindungskontext – und allerhand projektive Verschmelzungsfantasien aufkosten dieser anderen Person. Diese Pathologie hätten wir also alle

Hier mache ich die eigentlichen Bedenken im Kontext von Pädophilie für Kinder geltend. Dies aber ist nicht die Strafbegründung: Dezidiert wird strafrechtlich verfolgt nur irgendetwas „Sexuelles“. 

Wobei sich die Gesetze so entwickelt haben, dass die Strafverfolgung 

(mit extremsten Strafmaßen und Folgen auch für´s Kind)

aufkosten jedes anderen Kontextes gehen: Auch da, wo eine sexuelle Handlung über eine reichlich banale Handlung selbst in den Darstellungen des Kindes dazu nicht hinausgeht. 

Es gibt in letzter Zeit nun sogar Fälle, wo eine völlig unspezifische körperliche Berührung dadurch für das Gericht zur „sexuellen Handlung“ wurde, weil es ein Pädophiler sei, der das Kind umarmt, gewickelt oder auf die Wange geküsst hat. 

Hier scheint es sich inzwischen um die juristische Umsetzung des „Schwanz ab, ganz egal was so einer macht“ aus der Bevölkerung zu handeln – ebenso, wie den seit Bundeskanzler Schröder realisierten Ausweitungen der Sicherungsverwahrung der Parteien für solche Menschen der Vulgarismus „Wegsperren für immer“ analog ist.

Es scheint sich hier also vor allem eine öffentliche Moral befriedigen zu wollen – wobei die Schrecknisse und Belastungen für die Kinder genauso bedenkenlos in Kauf genommen und zurecht rationalisiert werden, wie man es den pädophilen Parias als Begründung zur Verfolgung ihrer sexuellen Handlungen vorwirft. 

Für die „Kinderschänder“ werden damit mehrjährige Haftstrafen für Handlungen wie bspw. dreimaliges Streichen über die Hose im eines Jungen begründet 

(nach den rechtlichen Bestimmungen je 1 Jahr für jede solche Berührung) 

- ganz gleich auch, wie das unfreiwillig von Dritten deklarierte „Opfer“ von so etwas dies seinen eigenen Wertungen nach erlebte. 

Viele Fälle, wo sich diese Dinge so verhalten – gehören meiner Ansicht nach nicht in den Gerichtssaal. Ebenso wenig Kinder in ihrer Intimität, wenn wir denn wirklich so die Verletzung ihrer Intimität durch eine „sexuelle Handlung“ beklagen: 

Es ist nicht zu erkennen, dass die Moral, die dem Täter Verletzungen der kindlichen Intimität und des Schamgefühls von einem Kind für Haftstrafen vorwirft 

(Staatsanwaltschaften, Eltern, Nebenkläger) 

– irgendwelche Gründe kennte, dem Kind die Entäußerung seiner Intimität und die entsetzliche Scham vor Ermittlern und im Gerichtssaal für ihre 

(oft mit hasserfüllter Energie betriebenen) 

Strafprozesse zu ersparen. 

Vor die Wahl gestellt, einen Pädophilen hinter Gitter zu bringen oder dem Kind die intime Scham und Pein während Intervention und Gerichtsprozess zu ersparen – entscheidet sich jeder für den Strafprozess. 

Die Ankläger kümmert die “verletzte “Intimität” des Kindes durch ihre Motive ebensowenig wie sie den Angeklagten bei seinen sexuellen Motiven gekümmert hat. Und ebenso wenig unterscheiden sich beide Seiten in der Praxis in der „Abspaltung“ und in der findigen Rationalisierung und Selbstechtfertigung dieses Punktes für ihr Tun 

(vgl. im Text „…drum kümmre ´s nicht, wie sehr es weint“).

Pädophile wie Staatsanwälte sehen vor Gericht einzig bemitleidenswerte heulende und aufgelöste Kinder während ihrer Befragung. 

Diese herzzerreissende „Bemitleidungstour“ dient aber den Klägern lediglich dazu, dem Angeklagten die Schuld daran zu geben, was er dem Kind dann „alles angetan haben müsse“, und damit empathisch ein möglichst hohes Strafmass zu demagogisieren – wie es dem Angeklagten dazu dient, sich mit dem „armen Kind“, das da greint, keucht, schluchzt, sein Bild von der korrupten kinderfeindlichen Justiz zur eigenen Entlastung zu bestätigen. Es gibt da auf formaler Ebene keinen Unterschied.

Ein weiterer eigenartiger Widerspruch ist und bleibt es - bereits rein logisch - dass diese Gesetze zunächst mit dem „Schutz der sexuellen Selbstbestimmung des Kindes“, und später dann, als sich dieser Nonsens in der Strafrechtskritik danach nicht halten ließ, mit dem Schutz der „ungestörten sexuellen Entwicklung von Kindern“ begründet und übertitelt wurden – dass es juristisch aber a u s d r ü c k l i c h als irrelevant und überdies unmöglich erklärt wurde für die Anwendung die Strafverfolgung, ob 

etwa eine Heranwachsende selber den sexuellen Rapport hergestellt, 
ein homosexueller Junge in seiner Traumwelt sich einen erwachsenen Homosexuellen für seine ersten Erfahrungen auserkoren haben könnte, 
oder ob die betreffenden Handlungen nach den Aussagen der Heranwachsenden „konsensual“ waren. 

Hier haben wir es sogar mit einer wissenschaftlichen und juristischen Diskussion zu tun, die im Zuge dieser Rechtsentwicklung von den Betreibenden kriminalisiert wurde, und via Pressekanäle von den betreibenden Lobbies öffentlich als „Täterdenken“ diffamiert worden ist. 

Dieser Aspekt der regierungspolitischen „Kampagne gegen Kindesmissbrauch“ ab 1990 hat also etwas von Regierungskriminalität an sich, was den Umgang mit dem kritischen Lager von Juristen und Experten – und auch den Betroffenen der beabsichtigten Gesetze - bei den damaligen populistischen Entscheidungen angeht.

Dies sind nur zwei von überaus vielen Punkten, wo bei offener Betrachtung an der Moral, die hier verfochten wird, entschieden und nachweisbar etwas nicht stimmt

Dies ist auch In so, wo das Trauma aus dem Mund des Kindes keineswegs der Graus vor sexuellen Handlungen war - sondern die Erfahrung, gegen Menschen unter dem Zwang von Dritten aussagen zu müssen, den sie selber noch immer ungemein schätzen - oder sogar lieben: Dieser Aspekt ist nun symptomatischer Weise derjenige, der, denkt man wirklich an die Kinder, am nahesten liegt – und der zu keinem Zeitpunkt in den Strafverschärfungsbegründungen auch nur erwähnt worden ist. 

Es hat nicht einmal interessiert, was es in bestimmten Fällen für das Kind bedeutet, den eigenen Papa und den Ernährer der Familie hinter Gitter reden zu müssen.

Und genau damit bin ich den schlimmsten Angriffen ausgesetzt: Solche Fälle zu behaupten sei „Beschönigung von Pädophilie“. Oder: „Auf Straffreiheit für Pädophile“ liefe das ja hinaus: Was nun nichts deutlicher beweist als die Verlogenheit, es ginge bei all dem um die Sorge um „Kinder“: 

Man versucht scheinbar irgendwie seine zusammenrationalisierten Kompromisse mit diesem Anspruch zu basteln – um zu larvieren, was ganz offensichtlich wirklich im Vordergrund des aktivistischen Betreibens steht: Hass und Lust an der Verfolgung sexueller Parias

Reale Fälle von Kindesmissbrauch – wobei es merkwürdiger Weise keinerlei Informaton bedarf, was sich außer sexuell zu Verstehendem im Eintelfall dahinter verbirgt - setzen diese Dinge wahlweise in Form archaischer Rachlust oder strafsüchtiger Prüderie frei. 

Irgendwelche Sorgen um das Kind, es könne bei der Strafverfolgung über Monate hinweg Schaden nehmen, sind in Wirklichkeit jedem nachgeordnet, wie die Praxis lehrt.

Nun ist es eine einfache Rechnung, inwieweit es um die Ahndung oder Prävention von Schäden an Kindern gehen kann – wo solche Schädigungen im Zug der Strafverfolgung für die Kinder wissentlich in Kauf genommen werden

Buchstäblich jeder einzelne Punkt der diesbezüglichen Rechtsentwicklung verweist darauf: Es genügt bereits, wenn man die entstandenen Paragraphen nach dieser Frage einmal im Wortlaut studiert:

Und damit kommen wir auch psychologisch zu Parallelen des Massenwahns und des Pogroms, die wir aus früheren Zeiten – sollte man meinen – bestens kennen. Wir können uns nicht damit entschuldigen oder herausreden, dass wir heute nicht mehr wie früher noch die Todesstrafe, die körperliche Folter oder die Verstümmelung von Verurteilten am lebendigen Leib auf der Richtstätte kennen:

Entscheidend ist bei diesen wie bei den folgenden formalen Betrachtungen einzig das Folgende: Wer im Mittelalter genüsslich die schlimmsten Strafen phantasierte und umsetzte – der wird auch heute zu jenen gefährlichen Wesen gehören, denen die schlimmsten Strafen unserer Tage allzeit noch nicht extrem genug sein können: Die selben menschlichen Typologien tauchen in der Geschichte immer wieder auf. 

Durchaus innerhalb des Rechtstaates könnten sie ihre extremen Phantasien realisieren - insofern, dass einzig dieser Rechtstaat solchen Fanatikern und Scharfmachern die Zügel anlegt. 

Allerdings: Auch in diesem Punkt ist bei dem obigen Einleitungsthema aus der Arbeit des Verfassers einiges Unerfreuliche festzustellen: Es gibt diesbezüglich keinerlei Sicherheit – bereits derzeit nicht mehr – da Rechstaatswidriges kurzerhand als mit dem Recht vereinbar deklariert wird (einfach per Mehrheitsvotum). 

Der Rechtstaat ist auf diese Weise durch eine Illusion von Rechtstaat zu ersetzen, welche vom prophylaktischen „Wegsperren für immer“, über Urteile für Straftaten ohne notwendigen individuellen Schadensnachweis für einfach nur sozial Missliebiges bis vielleicht irgendwann zur präventiven Notwendigkeit von Kastration oder Mord (Todesstrafe) langfristig wieder alles möglich zu machen scheint: Und zwar ohne dass es dann verfassungsrechtlich einklagbar wäre

Zentral im sexuellen Bereich hat das Deutsche Bundesverfassungsgericht – trotz aller seiner Achtsamkeit in sonstigen rechtstaatlichen Belangen – im Lauf der bundesrepublikanischen Geschichte grundsätzlich und konsequent schon immer versagt, wenn es um vorrechtstaatliche Vorbelastungen ging, die es menschenrechtlich oder nach Humanitätsprämissen im Strafrecht auszuräumen gegolten hätte 

(wie das inzwischen gleich mehrere mir bekannte Richter befanden). 

Bspw. war er Entfall des widerwärtigen „Homosexuellenparagraphen“ 175 

(in den Neunziger Jahren erst) 

gerade nicht dem Bundesverfassungsgericht zuzuschreiben

 (seine „Austauschgesetze“ übrigens zum „Schutz der sexuellen Selbstbestimmung der Jugend“ haben seinen zentralen Irrsinn betreffs seiner Schutzaltersgrenze jetzt nur „gleichberechtigt“ auf Heterosexuelle ausgedehnt und das Strafmass erhöht). 

Auch die bedenklichsten Rechtsnormbrüche gegen „Pädophilie“ trug das Verfassungsgericht gemäß der Volkesstimme bis heute mit. 

Und die nämliche Unfähigkeit der konservativen Richterschaft dort, irgendwas zur Humanisierung vorrechtstaatlichen Umgangs mit sexuellen Problematiken zu bewerkstelligen, zeigte sich vor wenigen Monaten erst wieder in einem Urteil zur moralisch widersinnigen Gesetzgebungsaspekten beim „Inzest“. 

Von der Pfählung Homosexueller im Mittelalter über die Ermordung sexuell devianter Kinder im 17. Jahrhundert aus einer christlich geprägten Sexualdämonologie heraus, bis zur Gaskammer für sexuell „Degenerierte“ vor einigen Jahrzehnten in der Hitlerjustiz sind Schmutz und Menschenverachtung im Umgang mit sexuell Stigmatisierten in der konservativen Kultur ein bislang unaufgearbeiteter Schandfleck ihrer Geschichts- und Rechtsaufarbeitung. 

Gott sei Dank, kenne ich keinen weiteren Bereich, wo eine finstere künftige Rechtsentwicklung wie skizziert bereits so sehr mit Händen zu greifen ist, derart fortgeschritten und auf eine solche künftige Entwicklung in der Richtung bereits ausgelegt ist, wie den Bereich, über den ich oben sprach. Getreu dem Prinzip „Wehret den Anfängen“ muss es mit Blick auf unser Staatswesen opportun sein, diese Problematik zu behandeln – selbst, sollte man in Einzelpunkten vielleicht auch irren.

Meine forensische und Forschungsarbeit betreffs „Pädophilie“ soll hier nicht überstrapaziert werden. 

Es gibt drei sehr grundsätzliche andere Veranlassungen für den Text:

Zum ersten ...

... fand ich schon länger, dass sich unsere Bevölkerung – in einer Demokratie lebend – geradezu als berufsunschuldig gebärdet, wenn es darum geht, zeitgeschichtliche Entwicklungen, Pogrome oder irgendwelche Ausgrenzungen von Minderheiten zu erklären: 

Als lebe man noch tief verhaftet in der autoritätsstaatlichen und voraufklärerischen Epoche, sind an den Progromen des „Dritten Reiches“ stets „die Nazis“ der damaligen politischen Garde schuld, an aktuellen Wirtschaftskrisen und gesellschaftlichen Fehlentwicklungen heute stets nur die „korrupte“ Politik; der Hexenwahn wird der „bösen Kirche“ zugeschrieben – etc. pp: 

Man hat den Eindruck, der „kleine Mann“, „die arbeitende Bevölkerung“ oder der „normale Bürger“ habe niemals für irgend etwas eine persönliche Verantwortung 

– selbst wenn er hinterher mit schöner Regelmäßigkeit die Partei verflucht, die er selber eben erst - 

aus Profitgier oder Lobbyismus ihrer Wahlversprechungen wegen - gewählt hat. 

Dem entspricht auf der anderen Seite mein Unbehagen, dass alle Politik im notwendigen Mehrheitsbeschaffungswesen einer Demokratie der Bevölkerungsmehrheit verpflichtet ist – und damit bei Fragen des Minderheitenschutzes ebenso wie bei Fragen einschneidender aber vernünftiger wirtschaftspolitischer Entscheidungen chancenlos dem Mob hörig ist. 

Man könnte sagen, die Gesellschaft „vermittet“- Was dieser Mittenmasse nicht angehört, muss um seine Beachtung, die staatliche Versorgung mit Ressourcen und seine rechtliche Situation bangen. 

Wir haben wohl noch gar nicht begriffen, dass Marx´ Arbeiterproletariat“ – der „Mob“- des 19. Jahrhunderts heute unsere repräsentative bürgerliche Mitte und die entscheidende Wählerschaft mit all ihren kleinbürgerlichen Abgründen darstellt Pointiert könnte man auch sagen: „Die Diktatur des Proletariats“ – mit der „Arbeiterbevölkerung“, also dem „kleinen Mann“ übersetzt – ist in unserer Mehrheitsdemokratie redewörtlicher verwirklicht als es sich der Kommunismus mit seinen eingeschränkten Begrifflichkeiten je hat träumen lassen.

Buchstäblich nichts schützt mithin unser Rechts-, Polit- und Mediemsystem vor Entwicklungen, mit denen eine Bevölkerungsmehrheit samt ihrer Politik zu gegebenen Zeiten wieder über Minoritäten oder Außenseiter herfallen könnte.

Zum zweiten ... 

... stieß ich nun im obigen Grundlagenwerk über Kinder als Opfer des Hexenwahns – einer bevölkerungsübergreifenden Psychose letztlich - auf die verblüffende Information, dass

(geradezu identisch mit strafrechtlichen Entwicklungen zu einem „Präventionsstrafrecht“ ab 1990) 

um 1590 Juristen bereits den Begriff des „Ausnahmeverbrechens“ eingeführt hatten (delictum exceptum): 

Um in Abweichung von der rechtstaatlichen Carolina Karls V. Menschen auch ohne notwendigen individuellen Nachweis von Schädigungen - oder auch nur Schädigungsabsichten - wegen von der Bevölkerung als „hexerisch“ beargwöhnten Handlungen auf den Scheiterhaufen zu verurteilen. 

Im Zuge dieser - mit Vorbeugung und Sicherheitsinteressen begründeten - neuen Praxis wurde der rechtliche Schutz von Angeklagten im Strafverfahren damals systematisch abgebaut. Selbst Kinder wurden mit immer unbebremsterer Grausamkeit wegen Hexerei verfolgt, und wie Erwachsene auch der Tortur unterzogen. 

Statistisch datiert der Höhepunkt der Hexenprozesse gegen Kinder dabei zu einem Zeitpunkt, wo die Hexenverfolgung Erwachsener bereits im Abklingen war. 

Auch hierin letztlich war der „Präventionsgedanke“ leitend: Stand doch in den Lehrwerken der Zeit die Erfahrung aus Erwachsenenprozessen verewigt, dass viele erwachsene „Hexen“ in ihren Verfahren angegeben hatten, bereits als Kind seien sie in die Hexerei eingeführt worden, oder es war offenbar geworden, dass sie bereits früh in der Jugend – lange vor ihren „Taten“ - eine entsprechende („ketzerische“) Distanz gegen den christlichen Glauben empfunden hatten.

Zum Dritten ... 

... ist für meine staatskritische Moritat der Sachverhalt Veranlassung gewesen, dass auch das heutige, sich modern gebende „Präventionsstrafrecht“ 

(seit ca. 1990 mit den Schlagworten „sexueller Missbrauch / Pädophilie“ eingeleitet und ab 2002 mit dem „Kampf gegen den internationalen Terrorismus“ weiter begründet und ausgebaut) 

nicht nur betreffs des Begriffes „Ausnahmeverbrechen“ bestürzende Parallelen zu jener Rechtsentwicklung vor 400 Jahren aufweist. 

Überdies umfasst diese Rechtsentwicklung auch heute wieder die christlich geprägten westlichen Gesellschaften Westeuropas und Nordamerikas. Nirgendwo auch, tobt sie sich stärker aus als im Bereich der sexuellen Delinquenz, namentlich gegen „Pädophilie“ und „sexuellen Missbrauch von Kindern“. 

Und auch hier gibt es eine beachtliche Parallele: Dass nachgerade das Sexuelle, offen oder latent - und zwar nach allen historischen Analysen des Hexenwahns – ein zentrales Leitthema des mörderischen Menschenbrennens war.

Nachgerade im Kontext von Prozessen gegen Kinder, Homosexuelle und andere sexuelle Abweichler hatte eine abgründige Sexualdoktrin der christlichen Länder eine besonders blutige Rolle gespielt 

(wie in den nachfolgenden Erläuterungen zu meiner Moritat noch ausgeführt werden wird). 

Können derartige Parallelen denn Zufall sein? Mein Text ist in jedem Falle eine Mahnung und eine Warnung vor der Dynamik geschichtlicher (gesellschaftspsychologischer) Wiederholung.

Fußnoten

Diese können gelesen worden neben Teil 1, ein Gedicht, aber auch als Teil 3 (oder 2), als speziellere Erläuterungen zu einzelnen Textpassagen. Gehen Sie zum (*1) und gehen Sie weiter.

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